Medea 2020 - Hier tut sich was!

Am 12. Februar 2021 feiert "Medea 2020" Premiere - leider ausschließlich vor der Prüfungskommission.

„Endlich findet das Ganze ein Ende!", lacht Peter Sampel, Dramaturgie-Student im dritten Semester. Und da ist etwas dran: Insgesamt 14 Monate sind seit der ersten Auseinandersetzung mit dem Medea-Stoff vergangen. Drei davon waren zwangsweise Pause in der Probenzeit.

Medea 2020 ist das Masterprojekt von Regie-Studentin Diana Merkel. Normalerweise wäre die Premiere am 21. Oktober 2020 gewesen. Und normalerweise natürlich auch mit Publikum, das nun trotz monatelanger Verschiebung nicht dabei sein darf. Auch wenn Enttäuschung darüber vorhanden ist, zeigt sich Peter Sampel trotzdem erleichtert. Das Team hätte unglaublich viel Spaß bei der Erarbeitung gehabt und sei einfach froh darüber, die fertige Inszenierung zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt zeigen zu können.

Vergangenen Herbst wurde eine Woche lang gedreht, das Stück lebt von einem großen Anteil an Videoprojektionen. Hierfür kooperiert das Team mit Nikita Gibalenko, Student der Spielfilmregie an unserer Partnerhochschule, der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF).

Der Raum und die Bühne verstehen sich als Kunstwerk in einem Museum. Die eigentliche Idee war, dass die Zuschauer*innen sich frei im Akademiestudio bewegen, das Stück sitzend oder stehend ansehen können. Nun musste es eine kleine Anpassung geben: Jedem/jeder wird ein eigener Stuhl mit 1,5 Metern Abstand zueinander zugewiesen.

Abseits der Bühnenfläche herrscht Maskenpflicht. Da die Bühne hauptsächlich aus einer mit Video projizierten Mauer besteht, die in ihrem spezifischen Winkel etwas Unendliches andeutet, entsteht hier eine Besonderheit: mitten im Stück wird das Publikum dazu angeleitet, sich auf die andere Seite des Raumes zu begeben – dort gibt es ebenfalls für jede*n einen reservierten Stuhl, von dem aus die Zuschauer*innen die Bühne nun aus der gegenüberliegenden Perspektive betrachten können.

Neue Medea-Inszenierungen gab es in der Vergangenheit häufiger. Regisseurin Diana Merkel machte sich im gemeinsamen Prozess mit dem Dramaturgen Peter Sampel viele Gedanken über die passende Adaption. Nach der Auseinandersetzung mit etlichen Texten kamen sie aber doch wieder zu ihrer Anfangsidee zurück: die Adaption des Dramas von Jean Anouilh. Die einzelnen Text-Versionen der Medea sagen viel über den jeweiligen Zeitgeist und auch über die herrschenden politischen Umstände aus. Diana Merkel und ihr Team haben sich also überlegt, wie man heute auf den Medea-Stoff blickt.

Die wenigen Rollen sind mit externen Schauspieler*innen besetzt. „Dass wir ein so kleines Team sind, fühlt sich gut an", sagt Dramaturg Peter Sampel. Sie hätten dadurch sehr intensiv arbeiten, sowie den Stoff, den Text und alles darum herum ausführlich diskutieren können. So konnte eine sehr kreative und produktive Arbeitsatmosphäre entstehen. Warum für die Rollen keine Schauspiel-Studierenden besetzt wurden, lässt sich relativ einfach erklären: Die meisten Studierenden sind Anfang/Mitte 20 und bringen Jugend und Unbeschwertheit mit. Vor allem für die Medea, die jahrelange Strapazen hinter sich hat, war die externe Besetzung passender.

Die vor Corona geschehene Stückauswahl fügt sich in vielen Aspekten aber sehr gut in die aktuelle Lage. Medea befindet sich zu Anfang selbst in einer Art Isolation. Stark emotional aufgeladen muss sie mit ihrer Situation umzugehen lernen, kämpft mit sich und hat ständig die Unmöglichkeit des In-Kontakt-Tretens vor Augen – weil sie nicht nach Korinth hineingelassen wird und zudem in keinerlei Kontakt zu anderen Menschen treten kann.

Doch nicht nur der Inhalt ist passend für die momentane Zeit. Die Produktion ist in der glücklichen Situation, dass für das Stück nicht zu viele Darsteller*innen nötig sind. Die meiste Zeit wird mit 2D-projizierten Menschen interagiert und auch geprobt. Peter Sampel nennt es die „ästhetische Corona-Lösung": Es ist keine Alternative und keine Pandemie-Improvisation – es passt genau zu Medea 2020.

Im Kern der Inszenierung steht der Schicksalsgedanke. Wie Diana Merkel schon sehr schön sagte: „Ich glaube, das tragische Moment ist einfach das Leben". Das Interview zwischen Regisseurin und Dramaturg kann im Programmheft nachgelesen werden.

Da die Inszenierung eine Interpretation eines Museumsaustellungsstücks ist, lautet der Titel Medea 2020 – wie das Jahr, in dem das Kunstwerk entstanden ist. Natürlich ist es mittlerweile 2021, aber Medea kann endlich den Weg auf die Bühne finden – wenn auch nur vor der Prüfungskommission.


Medea 2020 – Entfällt vor Publikum
Regie Diana Merkel
Bühne und Kostüme Petra Schnakenberg
Dramaturgie Peter Sampel
Regieassistenz Sophia Willmes
Videoprojektion Nikita Gibalenko
Licht Georg Boeshenz
Ton Matthias Schaaff
Video-Operator Stefan Arndt
Mit Chantal Dubs, Ulf Jürgen Wagner, Sebastian Griegel, Doris Gruner sowie Benjamin Merz und Darya Merz

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