Diese Woche habe ich Thilo David Heins getroffen, er leitet in der Theaterakademie die Video-Abteilung. Damit sind er und sein Team ein elementarer Bestandteil des Streamings wir.zusammen.allein., das am 27. Februar live aus dem Akademietheater gesendet wird.
Die Veranstaltung ist minutiös durchgeplant, alles muss auf die Sekunde stimmen, wie beim „echten Fernsehen". Hierfür wurde ein eigener Sendeplan erstellt, auf dem man zum Beispiel ablesen kann, zu welcher Uhrzeit der Werbeblock beginnen muss, wie lang er dauert und wann genau der Livestream einsetzt.
Sechs Mitarbeiter*innen arbeiten am Streamingtag insgesamt an der Übertragung. Und der Tag ist lang: Wenn ein Streaming ansteht, kann die Schicht elf bis zwölf Stunden dauern. Für die Vorarbeit müssen Kameras aufgebaut und eingemessen werden, die dramaturgische Kurzeinführung der Dramaturgie-Studentin Sarah Mössner wird am Nachmittag aufgezeichnet. Sie wird auf dem Bildschirm des Publikums mit einer Bauchbinde untertitelt sein, diese Bauchbinden sowie Vor- und Abspann hat die Video-Abteilung bereits vorbereitet. Insgesamt hatte das Team bei diesem Projekt im Vergleich in der Vorbereitung weniger Arbeit. Wenn es eine Produktion mit vielen Video-Projektionen ist, ist die Video-Abteilung auch für Aufnahmen, Schnitt und Bearbeitung zuständig. wir.zusammen.allein. kommt aber ohne Projektionen aus, somit steckt der Aufwand „nur" in der Übertragung der Vorstellung.
Thilo David Heins und Stefan Arndt, der die Remote-Kameras bedient, sitzen während der Aufzeichnung in den Räumlichkeiten der Video-Abteilung. Bei ihnen befindet sich während des Streamings auch die Regieassistentin Clara Hanae Tolle. Da kann es auch schnell stressig werden: „Unter dem Druck der Live-Übertragung wird der Ton untereinander auch mal rauer", sagt Thilo David Heins. Er ist an diesem Abend für Bildregie und auch die Mischung zuständig. Tonmeister und Tonassistent arbeiten in anderen Räumlichkeiten. Stefan Arndt fährt derweil die Roboter-Kameras, welche sich mit einem Joystick steuern lassen. Zusätzlich gibt es zwei statische Kameras vor der Bühne.
Was am Ende auf den Bildschirmen zu Hause zu sehen ist, geschieht alles andere als willkürlich. Anhand des Textbuchs des Stücks macht sich Thilo David Heins Notizen, wann welche Kamera genutzt werden und wann ein Schnitt erfolgen soll. Dabei gelten beim Schauspiel andere Regeln als beispielsweise bei einer Oper, erzählt er. Dort sei teilweise die Handlung wichtiger als das gesprochene Wort; man schneide den Bildausschnitt, der gerade passt. Beim „Arien Zeigen", eine Musiktheater-Reihe, die auch schon live aus dem Prinzregententheater gestreamt wurde, lag der Fokus auf Nahaufnahmen der einzelnen Sänger*innen.
Um besagte Kameraaufteilung kümmert sich Thilo David Heins zwei Tage vor der Aufzeichnung. Die Vorbereitungszeit des Videotechnikers unterscheidet sich stark von der der Darsteller*innen oder des/der Regisseur*in. Er und sein Team haben keine Proben oder Testläufe für ihre Kameras.
Die Bildregie am Samstag erfolgt live, die Bildauswahl gelangt über die Kameras direkt auf den Vimeo-Kanal – und damit auf die Bildschirme der Zuschauer*innen. Die Videoabteilung hat sich sehr hohe Qualitätsstandards gesetzt, so kann im Notfall eingreifen und beispielsweise eine Kamera gelenkt oder gewechselt werden.
So ein Livestream ist kein Tagesgeschäft: aber für alle ist es eine große Motivation, gerade in der momentanen Situation, der Arbeit der Studierenden ein Publikum geben zu können. „Wir freuen uns, dass wir dafür verantwortlich sein dürfen, dass die Leute sehen, dass hier auch etwas passiert. Dafür macht man das."