Auf den Spuren von L’Ancêtre – Fund I: Die Ausgrabung beginnt – zur Wiederentdeckung von Camille Saint-Saëns‘ L’Ancêtre

Die Theaterakademie wagt sich gemeinsam mit der Regisseurin Eva-Maria Höckmayr an ein nahezu unbekanntes Werk des Komponisten Camille Saint-Saëns: "L’Ancêtre" – auf Deutsch "Die Ahnin". Beinahe hundert Jahre nicht gespielt und in Vergessenheit geraten, kann man wohl von einer regelrechten Ausgrabung des Werks sprechen. Wir wollen uns deshalb in den kommenden sechs Wochen auf eine kleine Expedition in unsere Ausgrabungsstätte, die Theaterakademie August Everding, begeben und berichten hier jede Woche über einen weiteren Fund zu unserer wiederentdeckten Oper! Zum Auftakt eine kleine Einführung über Werk und Komponist.

„Ach, Karneval der Tiere… das ist von Camille Saint-Saëns? Ja, das kenn ich!"

Eine Aussage, die in letzter Zeit in der Theaterakademie August Everding häufiger zu hören war im Gespräch über die anstehende Produktion L'Ancêtre.
Aus dem unglaublich großen Werk des französischen Komponisten Camille Saint-Saëns sind heute nur noch eine Hand voll Werke einem breiteren Publikum bekannt. Allen voran die Suite Le carnaval des animaux - Grande fantaisie zoologique, welche als Faschingsscherz komponiert und zu Lebzeiten des Komponisten gar nicht veröffentlicht wurde. Kenner klassischer Musik und Liebhaber französischer Opern kennen vielleicht noch seine sinfonische Dichtung Danse macabre und seine bekannteste Oper Samson et Dalila. Doch dann ist erst einmal Schluss. Erstaunlich, denn in fast 80 Jahren Schaffensperiode schrieb Saint-Saëns über 300 Instrumentalstücke, eine Vielzahl an geistlichen Werken sowie mehrere Ballette, Opern und Theatermusiken. Er wurde geschätzt von Zeitgenossen wie Liszt und Wagner und feierte über Jahrzehnte Erfolge als einer der berühmtesten Vertreter französischer Musik.

Das Drama erzählt die Geschichte zweier verfeindeter Familien auf der Insel Korsika, wobei die jüngste Generation um Liebe, Pflichterfüllung und ihr Überleben kämpft. Nach der Uraufführung 1906 in Monte Carlo folgen noch zwei weitere Premieren (nach heutigem Kenntnisstand) 1908 in Paris und 1911 in Colmar, bevor das Stück, ganz zu Unrecht, von der Bühne verschwand und dem 20. Jahrhundert Platz machte. L'Ancêtre ist folglich eine Oper, die von allen an der Produktion Beteiligten noch nie gesehen oder gehört wurde – nicht einmal auf CD oder DVD. Eine spannende Herausforderung, denn so gilt es im Probenprozess ausschließlich anhand des Notenmaterials Figuren, Stimmungen und Ideen entstehen zu lassen. Wir begeben uns noch mehr als sonst auf eine archäologische Schatzsuche, lernen die Charaktere mehr und mehr kennen, entdecken ihre geheimen Gedanken und versteckte musikalische Hinweise. Alle Gewerke werden sich in den kommenden Wochen auf die Spuren von L'Ancêtre begeben und in das Werk eingraben, um auszugraben, was seit über 100 Jahren begraben lag und es dann in einer heutigen Inszenierung auf die Bühne bringen.

Tradition und Moderne in Einklang zu bringen und stets neue klangliche Erlebnisse zu ermöglichen: Das sind Grundsätze, die das vielseitige Schaffen von Camille Saint-Saëns sein Leben lang begleiteten. In L'Ancêtre als Teil seines Spätwerks sind diese Bemühungen besonders zu spüren. Emotionale Ausbrüche, tiefe Verzweiflung und romantische Landschaftsbeschreibungen erwecken die zum Teil fast archaisch angelegten Figuren zum Leben und lassen das drame lyrique auf der Bühne des Prinzregententheaters in modernem Gewand wieder auferstehen – wir bleiben gespannt, was die archäologische Ausgrabung ergeben wird!

Premiere ist am 20. März 2019. Weitere Infos und Karten gibt es hier.

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