Endlich wieder Theater! Ein Gespräch mit Flora Riezinger

Am Dienstag feiern wir in der Theaterakademie unsere erste Premiere vor „richtigem“ Publikum! Im Vorfeld von "Das Licht im Kasten" habe ich mich mit der Studentin Flora Riezinger unterhalten, die die Produktion dramaturgisch betreut.

Worauf Sie sich am meisten freuen können, lesen Sie hier!

Zuerst einmal wollte ich wissen: Um was geht es denn bei Das Licht im Kasten?

Wie Flora Riezinger mir erzählt, gibt es in dem Stück keine vorgefertigten Figuren, es handelt sich um eine Textfläche, in der aus der Ich-Perspektive gesprochen wird. Da in der Produktion zehn Schauspieler*innen auftreten, ist diese in zehn Teile aufgegliedert worden. Jede*r Studierende soll dabei ungefähr gleich viel Anteil haben.
Alle sind also zu gewissen Teilen die Ich-Figur – und unterscheiden sich dabei durch körperliche Merkmale und Kostüme. Beispielsweise gibt es eine aufgedrehte Figur, die viel mit dem Handy spielt, Videos macht und bei der sich alles um die App TikTok dreht (dargestellt von Irina Kurbanova). Sie möchte unbedingt Influencerin sein, andere beeinflussen, ihre Follower*innen von den neusten Trends überzeugen. Doch sie selbst wird an dem Druck dieser Social-Media-App und dem Willen, immer allen zu gefallen, zu Grunde gehen. Ein anderer wiederum ist ein Cowboy, der sich cool gibt und eher langsam spricht (dargestellt von Leonard L.M. Burkhardt). 

Die Schauspiel-Studentin Magdalena Laubisch entspricht in ihrer Rolle am meisten der Stimme von Jelinek selbst. Sie bringt Kommentare, die die Autorin in den Text geschrieben hat auf der Bühne ein. Somit fungiert sie in ihrer Rolle auch ein bisschen wie die Autorin und verkörpert eine alte „grantige“ Frau, die sich über die „Jugend von heute“ beschwert. 
All diese Figuren haben sich erst durch ihren Text und ihre Kostüme entwickelt. Im Allgemeinen gibt es bei der Kostümierung aber keine Genderzuschreibungen. Entworfen hat diese Kostüme Lara Roßwag, die Regisseurin Tina Lanik hat die Texteinteilung übernommen.

Doch nun näher zu meiner Gesprächspartnerin Flora. 
Sie ist im ersten Jahrgang des Masterstudiengangs Dramaturgie. Ist dies also ihr erstes eigenes Projekt?

Tatsächlich ist dieses große Projekt für Flora das erste und zusätzlich die tolle Möglichkeit inbegriffen, mit Tina Lanik zu arbeiten.
„Die Stimmung im Team ist extrem nett und auf Augenhöhe, jede Meinung zählt und jede*r kann sich einbringen“, sagt Flora Riezinger. Es sei eine schöne Zusammenarbeit, für die sich aller sehr motiviert engagieren. 

Das Thema von Das Licht im Kasten findet sie auch persönlich sehr interessant. Durch ihre Auseinandersetzung mit dem Stoff ist sie auf viele Problematiken gestoßen, die den Fashionbereich prägen. Zur Einarbeitung in das Thema hat sie einige Publikationen der Organisation Greenpeace über Umweltverschmutzung und Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie gelesen. 
Da diese Themen nicht nur auf der Theaterbühne, sondern auch im privaten Bereich eine große Rolle spielen, kam bei mir direkt die Frage auf:

Wie relevant ist das Thema des Stückes im Moment?
„Eine brisante Problematik ist im Moment vor allem die Vernichtung von Kleidung im großen Stil. Greenpeace Deutschland geht durch die veränderte Geschäftslage durch das Coronavirus 500 Millionen vernichteten Kleidungsstücken aus. Außerdem sollte sich jede*r mal mit den Arbeitsbedingungen in Fabriken auseinandersetzen“, meint Flora Riezinger. Auch mit den Darsteller*innen hat sie über das Thema diskutiert. „Manche setzen sich sehr viel mit Fast Fashion auseinander und gehen zum Einkaufen hauptsächlich in Secondhandläden. Den Anderen ist es mittlerweile total unangenehm, dass ihnen ‚Fast Fashion‘ vor dieser Produktion noch gar kein Begriff war“. 
Die Dramaturgin weiß, dass Jelineks Texte oft schwierig zu verstehen sind. Das Licht im Kasten mache aber, neben komplexen Bezügen zu Immanuel Kant und Martin Heidegger, auch eine sehr persönliche Ebene auf, die den Zugang erleichtert.

Auch wenn Fast Fashion kein angenehmes Thema ist: Auf was kann man sich als Zuschauer*in in Das Licht im Kasten freuen?
Flora Riezinger fällt dazu natürlich einiges ein. „Das Bühnenbild ist extrem spektakulär!“, erzählt sie mir (Bühne und Kostüme: Lara Roßwag). Dieses ist an einen Kleidersammelcontainer angelehnt. Die Schauspieler*innen purzeln wie Altkleider heraus und müssen wieder nach oben klettern, schaffen das aber nicht immer.

Was ist es für ein Gefühl für die Studierenden, dass sie wieder vor Publikum spielen dürfen?
Die Schauspiel-Studierenden sind euphorisch. Obwohl sie natürlich immer gehofft haben, dass sie im Juni wieder vor Publikum spielen dürfen, konnte man lange nicht abschätzen, wie sich die aktuellen Corona-Zahlen entwickeln würden. 
Auch für die Dramaturgie-Studentin ist es aufregend, dass nun Publikum zugelassen ist, denn es ist üblich, dass die Dramaturgin/der Dramaturg vor Beginn eine Werkeinführung hält. Anders als im vergangenen Jahr kann sie das nun vor einem Live-Publikum ausprobieren.

Einen Livestream der Vorstellung gibt es trotzdem: Dieser ist am 19. Juni um 19:30 Uhr auf dem Vimeo-Kanal der Theaterakademie August Everding zu sehen.

Und für alle, die endlich mal wieder ins Theater wollen:

Das Licht im Kasten
Vorstellungen: 15. und 16. Juni, 19:30 Uhr; 17. Juni, 11:00 und 19: 30 Uhr im Akademietheater

Inszenierung Tina Lanik
Bühne und Kostüme Lara Roßwag
Dramaturgie Flora Riezinger
Licht Benjamin Schmidt
Ton Georgios Maragkoudakis
Regieassistenz und Abendspielleitung Clara Tolle
Jahrgangsbetreuung Thomas Gräßle
Mit Khalil Aassy, Jan-David Bürger, Leonard L.M. Burkhardt, Sebastian Degenhardt, Benedikt Kosian, Irina Kurbanova, Magdalena Laubisch, Estelle Schmidlin, Fnot Taddese und Lina Witte

Viel Spaß!